|
Lausitzer Rundschau, "Biebrza für Liebhaber, Einzigartige Sumpflandschaft
in Polen wird zur Tourismusregion entwickelt"
Einzigartige Sumpflandschaft in Polen wird zur Tourismusregion entwickelt
Von Elke Möbus Das waren Wölfe! Katarzyna Ramotowska zeigt auf ein Skelett,
die Reste einer Elchkind Vermutlich wegen Alterschwäche wurde sie Opfer
der Wölfe, denn sonst haben die Räuber selbst im Rudel keine Chance gegen
die archaischen Tiere.
Wölfe und Elche gehören zu den Attraktionen im Biebrza-Nationalpark im
Osten von Polen, südlich der Masurischen Seen und nördlich des Bialowieza-Urwaldes.
Ornithologen können in dem etwa 60 000 Hektar großen Areal, welches zu
den größten Feuchtgebieten in Europa zählt, immer Neues entdecken: Schwarzstorch,
Weißflügel-Seeschwalbe, Schelladler, Doppelschnepfe und Blaukehlchen...
Etwa 30 000 Touristen im Jahr entdecken die Schönheit der Natur im Tal
des 164 Kilometer langen Flusses Biebrza, der sich in unzägligen Mäandern
in südwestlicher Richtung zum Narew windet. Mittlerweile erstrecken sich
400 Kilometer Wanderwege durch das Gebiet, in dem sich Nasswiesen, Schilfdickichte,
Weidengebüsche, Moor und Bruchwölder abwechseln.
Katarzyna Ramotowska ist die Vorsitzende des Vereins Biebrza für Liebhaber.
Der Name ist Programm: Nicht nur, weil der Verein es sich zur Aufgabe
gemacht hat, das Biebrza-Tal für Touristen attraktiv zu machen und dabei
die Ursprünglichkeit der Region zu erhalten. Sondern weil die Region lieben
muss, wer in ihr eine Perspektive sucht. Die großen Städte mit den vielen
Arbeitsplätzen sind weit weg. Betriebe rär, Landwirtschaft aufgrund der
Schutzwürdigkeit der Natur nur eingeschränkt und extensiv möglich. Tourismus
ist ein Weg, sich den Lebensunterhalt zu verdienen. Das tut Katarzyna
Ramotowska, die in ihrer Firma Eco-Travel 15 Mitarbeiter beschäftigt,
die wie sie Touristen und Interessenten mit Forschungsaufträgen sachkundig
durch die Landschaft begleiten.
Auch El¿bieta und Jan Nadolni, die seit vier Jahren in der kleinen Siedlung
Sulin die Pension Zarski Trakt betreiben, haben dank der sanften Entwicklung
des Tourismus in der Region eine Perspektive. 20 Betten als Übernachtungsmöblichkeit,
dazu traditionelle polnische Küche, Fahrradverleih und bei Bedarf Führung
durch den Nationalpark das sind Angebote, mit denen das Ehepaar zu den
Preisträgern des regionalen Fremdenverkehrswettbewerbs gehört.
Dass es mittlerweile etwa 90 ausgebildete Fremdenführer und eine Vielzahl
von Pensionen für Touristen gibt, ist Ergebnis jahrelanger Projektarbeit
von Gemeinden, Nichtregierungsorganisationen und regionalen Veieinen,
die dabei vom World Wide Fund For Nature (WWF) begleitet wurden. Umgerechnet
200 000 Euro jährlich hat der WWF seit 1997 in das Projekt Biebrza Nationalpark
eines von drei Modellvorhaben ländlicher Entwicklung investiert. Hinzu
kommt Unterstützung weiterer nationaler und internationaler Organisationen.
Manchmal hat es Jahre gedauert, die Menschen der Region davon zu überzeugen,
dass nur sie es sind, die etwas für ihre Heimat tun können, berichtet
Przemek Nawrocki, der Leiterdes WWF-Projektes Biebrza Nationalpark. Manchmal
waren Partner sofort dabei, wenn es um neue Ideen ging. Wie der 60-jährige
frühere Baufachmann Jozef Rafalko, der seit 30 Jahren in seiner Freizeit
Figuren aus Holz schnitzt. Jahrzehntelang waren es Bären mit Honigfass,
was Rafalko den Spitznamen der Bär einbrachte. Seit einigen Jahren sind
es Vögel nach dem Vorbild der Tiere aus dem Nationalpark, die unter Rafalkos
Händen aus Holz entstehen. Er hat damit ein Gesicht für Biebrza geschaffen,
sagt Nawrocki anerkennend.
Zu seiner Mitstreitern gehört auch Zdzislaw D±browski, der Bürgermeister
der Gemeinde Trzcianne. Während sein Vorgänger im Amt dem Nationalpark
noch ablehnend gegenüber stand, sieht D±browski in der Pflege von Tradition
und Landschaft einen realen Wirtschaftsfaktor.
Ich möchte hier ein Museum aufbauen und Gegenstände sammeln, mit denen
noch unsere Eltern hier gearbeitet haben, sagt er den Touristen, die auf
das Grundstück seiner Eltern kommen, um in dem in traditionellen Stil
gebauten Bauernhaus mit Schilfdach ein paar Tage zu verbringen.
Und mehrere Tage braucht es schon, um das Tal der Biebrza zu erkunden.
Mit Ausdauer und genügend Mückenschutz gelingt est, Elche und Biber zu
beobachten, Schmetterlinge zu verbringen.
Das Bemerkenswerteste in Biebrza aber sind die Gastgebe, von denen einige
inzwischen Sprach- und Geschichtskurse absolviert haben, um den Gästen
über ihre Heimat zu beruchten. Die Gastfreundschaft lässt schnell alle
Vorurteile über das östliche Nachbarland vergessen. Siê es im bescheidenen
Einödhof von Krzysztof Kawenczyñski in Budy oder in der komfortablen Pension
Bartek in Goni±dz man ist stolz auf die Heimat und möchte, dass Gäste
mit den besten Eindrücken nach Hause zurückkehren, die Reise weiterempfehlen
oder selbst wiederkommen.
Back to the articles
|